Anatomie
Das Kniegelenk ist das grösste Gelenk der Säugetiere. Der Oberschenkelknochen, das Schienbein und die Kniescheibe bilden dabei die Gelenkpartner. Das Kniegelenk ist ein zusammengesetztes Gelenk. Es besteht aus dem Kniescheibengelenk, welches sich zwischen dem Oberschenkelknochen und der Kniescheibe befindet und dem Kniekehlgelenk, das zwischen Oberschenkelknochen und Schienbeinkopf liegt.
Zwischen den sog. Oberschenkelknorren und dem Schienbeinkopf befinden sich zwei Faserknorpelscheiben, die sog. Menisken. Die Menisken puffern Stösse und Drehbewegungen ab und verhindern ein Reiben der Gelenkflächen aufeinander.
Die Kreuzbänder (vorderes und hinteres Kreuzband) ziehen von der Grube zwischen den Oberschenkelknorren zum Schienbeinkopf. Sie kreuzen sich dabei in ihrem Verlauf. Indem die Kreuzbänder ein Abgleiten der Gelenkflächen nach vorne und hinten verhindern stabilisieren sie das Knie.
Ursachen
Verletzungen des vorderen Kreuzbandes sind die häufigsten Schäden am Kniegelenk des Hundes. Das hintere Kreuzband reisst äusserst selten.
Das vordere Kreuzband ist einer ständigen mechanischen Belastung ausgesetzt, und eine natürliche Alterung der Fasern vermindern die Reisfestigkeit. Nach und nach verliert das Band an Widerstandskraft, und angeborene Fehler, wie z. B. eine Hüftgelenksdysplasie (HD), können das bereits geschwächte Band durch daraus resultierende Stellungsfehler zusätzlich belasten. Schliesslich reisst das vordere Kreuzband, wenn das Bein entweder überstreckt oder stark gebeugt und gleichzeitig rotiert wird. Aber auch direkte Verletzungen durch Stoss oder Schlag können einen Kreuzbandriss verursachen.
Der Vollständigkeit sei erwähnt, dass auch bei Katzen Kreuzbandrisse vorkommen können.
Nachstehende Abbildung zeigt das eröffnete Kniegelenk des Hundes mit den beiden Kreuzbändern.
Quelle: This faithful reproduction of a lithograph plate from Gray's Anatomy, a two-dimensional work of art, is not copyrightable in the U.S. as per Bridgeman Art Library v. Corel Corp.; the same is also true in many other countries, including Germany. Unless stated otherwise, it is from the 20th U.S. edition of Gray's Anatomy of the Human Body, originally published in 1918 and therefore lapsed into the public domain. Other copies of Gray's Anatomy can be found on Bartleby and also on Yahoo!.
This image is in the public domain because its copyright has expired. This applies worldwide.
In der Mitte ist das vordere (Lig. cruciatum cran.) und das hintere (Lig. cruciatum caud.) Kreuzband dargestellt. Quer zwischen Ober- und Unterschenkel liegen die beiden Menisken (Meniscus med. und Meniscus lat.). Zusätzlich sind die nach aussen geklappte Kniescheibe und verschiedene Bänder und Sehnen zu sehen.
Klinische Anzeichen
Das vordere Kreuzband kann vollständig oder auch partiell reissen. Bei einem vollständigen Kreuzbandriss stellt man eine akute, deutliche Lahmheit fest. Das betreffende Bein trägt das Körpergewicht überhaupt nicht mehr oder nur unvollständig. Bei einem partiellen Kreuzbandriss sieht man häufig wechselnde und schwächer ausgeprägte Lahmheiten, wobei oft Anzeichen einer scheinbaren Besserung vorkommen können. Heilungen sind bei einem partiellen Kreuzbandriss möglich, wenn der Hund geschont wird. Das einmal geschädigte Band ist jedoch eine Schwachstelle, und es kann bei einer akuten Belastung vollständig reissen.
Vorkommen
Ein Kreuzbandriss kann bei allen Hunderassen auftreten, prädestiniert sind aber übergewichtige Hunde, und Hunde, die älter als 5 Jahre sind.
Relativ häufig treten Kreuzbandrisse bei Schäferhund, Rottweiler, Boxer und Labrador auf.
Diagnose
Die Diagnose „Kreuzbandriss“ wird gestellt, wenn eine „Schublade“ vorhanden ist, d.h., wenn der Unterschenkel gegenüber dem Oberschenkel im Kniebereich abnorm beweglich ist. In einigen Fällen ist eine Beruhigungsspritze oder eine leichte Narkose erforderlich, um eine „Schublade“ auslösen zu können, da Schmerzen eine mehr oder weniger starke Muskelanspannung verursachen. Bei einem vollständigen Kreuzbandriss ist der Schubladentest eindeutig. Ein unvollständiger oder partieller Kreuzbandriss ist dagegen schwieriger zu diagnostizieren, aber nur wenige Millimeter einer „Schublade“ genügen, um zu einer Diagnose zu kommen. Dazu muss das gesunde Knie im Vergleich entsprechend untersucht werden.
Verlauf
Wenn ein Kreuzbandriss nicht operativ versorgt wird, sind in der Regel schwere Arthrosen und eine bleibende Lahmheit die Folge. Wird dagegen operiert, laufen die Hunde wenige Wochen nach der Op wieder ohne Lahmheit und das ein Leben lang. In manchen Fällen kommt es vor, dass auch das Kreuzband zu einem späteren Zeitpunkt am anderen Kniegelenk reisst, weil der Hund eine entsprechende Veranlagung besitzt.
Operation
Inzwischen sind viele Operationsmethoden beschrieben worden. Alle Methoden haben das Ziel, das Kniegelenk wieder ausreichend zu stabilisieren.
Es gibt intrakapsuläre (innerhalb der Gelenkkapsel) und extrakapsuläre (ausserhalb der Gelenkkapsel) Operationsverfahren. Dabei werden zur Stabilisierung des Kniegelenks körpereigene Sehnenstreifen oder auch synthetisches Nahtmaterial verwendet.
In jüngster Zeit werden auch die erheblich kostspieligeren TPLO (Tibia Plateau Levelling Osteotomie)- und TTA (Tuberositas Tibiae Advancement)- Methoden angeboten. Hierbei wird am Schienbeinkopf ein Knochenteil abgetrennt und mittels einer Platte in einer anderen Position fixiert (Plattenosteosynthese). Die Stabilität des Kniegelenks wird dabei durch eine andere Winkelung des Schienbeinkopfes erreicht. Diese invasiven Methoden sind zwar erfolgreich, aber es ist bekannt, dass bei diesen Operationsverfahren ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht, und ein Plattenbruch in der Regel fatale Folgen hat.
Wir wenden seit langem die Methode nach Meutstege an. Bei dieser Methode wird eine Kombination aus einer intrakapsulären und extrakapsulären Stabilisationstechnik angewendet.
Das Kniegelenk wird zunächst seitlich eröffnet, die entzündeten Reste des Kreuzbandes werden entfernt, und die Menisken werden auf eventuellen Schäden untersucht. Gegebenenfalls müssen geschädigte Teile entfernt werden. Dann werden spezielle Fäden aus synthetischem Nahtmaterial so vernäht, dass sie den Verlauf des gerissenen Kreuzbandes simulieren (intrakapsuläre Naht). Die Gelenkkapsel wird verschlossen, und es folgen entsprechende extrakapsuläre Nähte. Erst danach erfolgt der routinemässige Wundverschluss.
Prognose
Die Ergebnisse nach einer Operation nach Meutstege wurden in einer Veröffentlichung von Allgoewer, 2000 dokumentiert. Die Veröffentlichung stammt aus der Poliklinik für kleine Haustiere an der freien Universität Berlin unter Leitung von Prof. Brunnberg. Die Methode nach Meutstege wird dort allen anderen Methoden vorgezogen. Es wurden Hunde aller Gewichtsklassen operiert. 13% der Hunde hatten ein Körpergewicht unter 10 kg und 79% der Hunde waren über 31kg schwer. Grosse Rassen, wie Schäferhund, Rottweiler, Boxer, Labrador usw. standen dabei an erster Stelle. Diese ungleiche Verteilung resultiert daher, dass bei schweren Tiere häufiger Kreuzbandrisse vorkommen.
Bei Kontrolluntersuchungen waren von 102 operierten Hunden 92,4% lahmheitsfrei.
Dieses sehr gute Ergebnis mit der Methode nach Meutstege können wir bestätigen.
Die bisher verbreitete Meinung, dass schwere Hunde mit der TPLO- oder auch mit der TTA- Methode operiert werden sollten, ist nicht nachvollziehbar. Auch ist bisher durch keine Veröffentlichung belegt, dass die TPLO/TTA- Methoden einen Vorteil gegenüber der Methode nach Meutstege bieten.
Wir bieten in unserer Praxis die Kreuzbandoperation nach Meutstege routinemässig an.